Kathedrale von Trani

Trani – „La Città slow“ lädt zum Spaziergang ein

Allgemein, Apulien

Die Stadt Trani lockt mit ihrer romantisch direkt über dem Meer liegenden Kathedrale. Darüber hinaus hat die Stadt noch einiges mehr zu bieten und wirbt sogar seit einigen Jahren mit der Marke: „Trani – La Città slow“. Die Altstadt ist fast vollständig renoviert und das große, geschützte Hafenbecken lädt zum Flanieren ein. Vor allem am Wochenende nehmen die Anwohner diese Gelegenheit war. Die Stadt wird zum beliebten Ausflugsziel. Übrigens teilt sich die Stadt in eine labyrinthische Altstadt und eine geradlinig, geordnete Neustadt auf. Beide Teile besitzen ihren eigenen Reiz. Überraschend locken zwischen den Gassen immer wieder schöne Plätze zum Verweilen. Überdies kommen die Fotografen in Trani voll auf ihre Kosten. Um jede Ecke bietet sich ein neues interessantes Motiv.

La Città slow

Jetzt am Vormittag in der Woche erscheint die Stadt allerdings menschenleer. Normalerweise finden Besichtigungen meist tagsüber statt. Passend dazu stoßen wir über die Stadt verteilt auf Hinweisschilder, worauf eine Schnecke zu sehen ist. Diese Schnecke trägt auf ihrem Haus andere Häuser . Darauf steht zu lesen: „Trani – La Città Slow“ (die langsame Stadt). Angelehnt an die aus Italien stammende „Slow Food“- Bewegung präsentiert sich die Stadt mit nachhaltigem Tourismus und positivem Lebensgefühl. Mittlerweile haben sich weltweit unter dem Begriff 277 Städt diesem Netzwerk angeschlossen (Sitz in Orvieto/ Italien). Zum Beispiel werben sie mit einem sanfteren Tourismus und mehr Angeboten für ihre Anwohner. Es gibt einen ganzjährlichen Festkalender und Vorträge zu ortsspezifischen Themen (Infos auf Italiensich zu Veranstaltungen).

https://www.cittaslow.de/

https://www.cittaslow.org/

https://www.slowfood.de/

Die neue Provinz Barlette-Andria-Trani

In der Altstadt angekommen merkt der Besucher nicht, dass Trani mit Andria und Barletta eine neu geschaffene, eigene Provinz bildet. Hier nimmt alles seinen alten, gewohnten Gang. Die drei Städte Barletta, Andria und Trani trennten sich 2004 von Bari und Foggia. Folglich bauen sie seitdem eigenständig ihre Wirtschaft aus und gehen selbständige, touristische Wege. Schon wenn man bei der Ankunft von der Schnellstraße abbiegt, streift das Auge über zahlreiche Baustellen und neue, schicke Wohnsiedlungen. Hier bewegt sich etwas in „Trani – La città slow“. Die Trennung von den chaotischen Städten mit ihrem Kirminalitätsproblemen, hat in der neuen Provinz einen Investitionsschub ausgelöst. Die Auswirkungen sind an der Sauberkeit der Straßen, dem guten Zustand der Häuser und der Vielzahl von Lokalen zu erkennen. Zum Beispiel renovierte die Stadt vor nicht allzu langer Zeit die beiden Synagogen aus der Normannenzeit. Ein davon beherbergt auch wieder eine jüdische Gemeinde.

Gruppenbesichtigung in Trani

Wir durchqueren eine schön herausgeputzte, fast menschenleere Innenstadt. Wobei unsere einzigen Begleiter zwei weitere Reisegruppen darstellen. Sie stiegen hinter und vor uns aus ihren Bussen. Wie in vielen italienischen Altstädten dürfen die Busse nur an einem bestimmten Ort halten und ihre Touristen ausspucken. Merkwürdigerweise ändern sich diese Haltepunkte in schöner Regelmäßigkeit. Ich mutmaße, dass hat mit dem Einfluss der Lokale und Geschäfte in der Nähe zu tun. Es könnte sich auch einfach um kommunalen Aktionismus handeln. Also bewegen wir uns auf dem von den anderen Gruppen vorgegebenen Pfad zur Kathedrale, die ich seit einiger Zeit reservieren muss. Mein Professor bemerkte einmal, dass zu jedem Schatz ein Drache gehört. Folglich bewacht dann dieser missmutig die Juwelen. Auch hier empfängt uns eine wichtig wirkende Dame mit der Liste und fragt unsere Reservierung ab.

Pilgerfahrt ins Heilige Land

Die Kathedrale präsentiert sich als Hauptsehenswürdigkeit in Trani. Majestätisch ragt sie direkt am Meer weit über den Wasserspiegel hinaus. Es ist zu empfehlen, ein Stück den langen Steg ins Meer hinaus zu spazieren. Erst in einiger Entfernung kann der Besucher den gewollt imposanten Eindruck erleben. Ansonsten ähnelt ihre Bauform den übrigen Kirchen dieses Stils. Mit ihrer Weitwirkung steht sie allerdings einzigartig im Reigen der Normannenkirchen in Apulien.

Das Vorbild bildete für alle diese Kirchen San Nicola di Bari. Damit steht diese Wallfahrtskirche für den Beginn des Pilgertourismus im Mittelalters. Die Küstenstädte Apuliens wetteiferten als Ankerpunkte der Schiffe, die ins heilige Land unterwegs waren. Traditionell teilten sich Bari und Otranto diese Rolle. Einerseits liegt Otranto am nächsten zur gegenüberliegenden Meeresseite. Von hier setzen die Schiffe über. Andererseits besitzt Otranto eine sichere Hafenbucht und starke Befestigungsmauern. Die Stadt war von jeher ein strategisch wichtiger Hafen. Dahingegen reihte sich Bari erst mit seinem neu erworbenen Heiligen in die Ankerpunkte ein: San Nicola di Bari (Hl. Nicolaus). Die wichtigen Gebeine kurbelten den Pilgertourismus an und brachten Geld in die Stadt.

Heiliger Nikolaus der Seefahrer

Trani wollte auch ein Stück vom Pilgerkuchen abbekommen. Kurzerhand erfand die Stadt einen neuen Heiligen mit gleichem Namen wie Bari. Hier handelt es sich um den Heiligen Nikolaus den Seefahrer. Dieser Nikolaus war auf seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land in Trani gestorben. Da Gott diesen Mann auf seiner Pilgerfahrt schon in Trani von seinem Erdendasein erlöste, musste er doch besonders heilig sein. Gott ersparte ihm die mühevolle Pilgerreise und rief in direkt zu sich in den Himmel. Somit entstand der neue Heilige, für den die Stadt direkt am Meer eine bombastische Kirche errichtete. Was für unsere heutigen Ohren nach Ironie klingt, war im Mittelalter eine gängige Rechtfertigungsgeschichte.

Die Kathedrale von Trani

Die Mehrzahl der Besucher kam vom Norden mit Schiffen die Küste entlang. Mit der hohen Erscheinung sollte die Kirche die Schiffe zum Anlegen verlocken. Deswegen steht die Kirche auf einem Kai direkt am Ufer und ragt besonders imposant zum Himmel hinauf. Auf einer frühchristlichen Grabkammer errichtete die Stadt eine Unterkirche und darauf erst die enorm hohe Oberkirche. Unter dem Altar kam dann noch die Krypta mit dem Grab des Heiligen dazu. Auch dieser Teil zeichnet sich durch seine besondere Höhe aus. Folglich beeindruckt auch der Säulenwald im Innenraum der Krypta.

Auch im Inneren strebt alles nach oben, der Kirchenraum entfaltet eine enorme, vertikale Sogwirkung. Wir empfinden heute den hellen, Licht durchfluteten Innenraum als angenehm. Er hat allerdings wenig mit dem Originaleindruck gemein. Nur wenige Reste überlebten die Jahrhunderte. Die Kirchen Apuliens werden Ähnlichkeiten mit den Normannenkirchen in Sizilien aufgewiesen haben. Ein kleiner Eindruck können die erhaltenen Fußbodenreste im Altarbereich bieten. In der Kathedrale von Otranto hat der gesamte Fußboden die Zeiten überdauert. Heute erscheinen viele dieser Kirchen nach der Renovierung etwas leer und kahl. Es wurden alle nachmittelalterlichen Zugaben herausgerissen.

Seite der Kathedrale

Stauferkastell an der Kathedrale
Spaziergang in der Altstadt von Trani

Zurück in der Altstadt lohnt ein Spaziergang entlang der großen Hafenbucht bis zur Villa Comunale (Stadtpark). Der Park liegt am anderen Ende der Altstadt direkt am Meer. Vom Park kann man auf einen langen Steg gelangen. Folglich eröffnet sich von hier ein zweiter großartiger Blick auf die Stadt und ihre Kirche. In diesem Park lässt es sich mit einem mitgebrachten Picknick gut aushalten. Es gibt in der Stadt und im Park öffentliche Toiletten, allerdings schließen sie wie die Geschäfte über die Mittagszeit und öffnen erst wieder am Abend. Bei einem Apulienbesuch muss der Tourist eh diese Mittagsruhe beachten, da dann alles schließt und keine Menschenseele mehr anzutreffen ist. Im Allgemeinen erwachen die meisten Städte erst jenseits von 17 Uhr wieder zum Leben. Städte wie Barletta oder Ruvo gleichen in der Mittagszeit Totenstädten. Zweifellos meint „La Città Slow“ allerdings etwas anderes.

Tagsüber haben viele der Lokale geschlossen und öffnen erst nach 17 Uhr, wenn die Einheimischen kommen. Trotzdem haben einige geöffnet. Gerade am Hafenbecken wird der Besucher fündig. Hinter der Hafenpromenade beginnt ein Labyrinth der Gassen. Hier fällt es schwer sich zurechtzufinden. Allerdings kann die Stadt zwischen den Gassen mit einigen, schön gestalteten Plätzen aufwarten. Es lohnt das Risiko des Verlaufens einzugehen.

Drei Plätze zum Verweilen

Die Piazza della Libertá bildet den Mittelpunkt der Altstadt, hier reihen sich Geschäfte, Cafés und Restaurants aneinander. Sie befindet sich genau am Übergang von der mittelalterlichen Neustadt zur Erweiterung des 18. und 19. Jahrhunderts. Ausgehend von hier entspricht der Stadtgrundriss der Neustadt einem typischen Raster dieser Zeit (alles rechteckig).

Die große, neu gestaltete Piazza Teatro lädt zum Verweilen ein. Sie liegt mitten im Gewühl der Altstadtgassen. Hier locken sogar einige Bänke unter Palmen.

Piazza Teatro

Als dritten Platz lockt dann noch die Piazza Repubblica. Der Name verrät schon ihr Aussehen und ihre Entstehungszeit. Es handelt sich um einen großstädtischen Platz des späten 19. Jahrhunderts mit schattigen, gestutzten Bäumen und plätschernden Brunnen. Hier fehlt auch nicht der Verweis auf berühmte Männer der Stadtgeschichte. Ähnliche Plätze befinden sich in fast jeder Stadt Italiens. In Deutschland wurden sie im zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Hier haben sie überlebt.

Pizza und Bier

Zum Schluss noch ein Erlebnis in Trani. Mit einer Kollegin hatte ich mich verabredet und wir genossen erst einen Aperitiv an der Piazza Pietro Tiepolo und suchten dann ein Lokal zum Abendessen. Da es sich um einen Wochentag handelte, zeigte sich die Stadt sehr ruhig. Wir landeten im „Il Nabucco“ (via Fabiano 21, direkt an der Piazza Teatro). Eine Pizzeria mit karierten Decken und einfacher Ausstattung. Offensichtlich waren wir zu deutscher Essenszeit hier und somit die einzigen Gäste weit und breit. Es ist schon ein komisches Gefühl in einem großen Lokal zu zweit zu sitzen. Im Allgemeinen kommen die Italiener erst viel später. Das Lokal verbreitete schon den Eindruck, dass es mit großem Andrang umgehen kann. Außerdem überzeugte dann auch die Qualität der Pizza. Etwas anderes hat allerdings den Ausschlag gegeben, diese Lokal auszuprobieren.

Deutsches Bier als Qualitätsmerkmal

Die Pizzeria warb schon außen mit deutschem Bier vom Fass. Sogar Weizenbier alla spina (vom Fass) stand auf der Karte. Diese Werbung hat nicht deutsche Touristen als Zielgruppe sondern Einheimische. Die Kultur der Pizza kam aus Neapel hierher. Diese Beziehung wird seid Jahrhunderten gepflegt, deswegen legt man hier wert auf eine gute neapolitanische Pizza. Erstaunlicherweise gehört für den Italiener zu Pizza Bier und das am besten aus Deutschland importiert und frisch gezapft. Folglich gilt in Apulien das deutsche Bier als Qualitätsurteil und nicht als Zugeständnis an die Touristen. Allerdings gehört zu einem normalen mehrgängigen Abendessen weiterhin Wein und Wasser.

Vorschläge für den Urlaubstripp

Die Stadt eignet sich für einen kurzen Besuch an einem Tag oder für einen längeren Aufenthalt. Dazu gibt es ausreichend Ferienwohnungen zu erschwinglichen Preisen in der Altstadt. Die einzige Herausforderung stellt die Parkplatzsuche dar. Bei meinem letzten, mehrtägigen Aufenthalt ohne Gruppe fand ich direkt in der Altstadt ein Apartment. Von dort konnte ich von der Dachterrasse über die Dächer des ehemaligen, jüdischen Viertels blicken. Erstaunlicherweise habe ich immer einen Parkplatz gefunden, obwohl ich äußerst ungern Auto fahre. Nur in den Sommermonaten buchen die Italiener die Unterkünfte. Im Rest des Jahres führt der Besucher ein gemächliches Leben. Trani bietet sich als der ideale Ausgangspunkt für einen entspannten Urlaub an. Hier gibt sich „Trani – La città slow“ die Ehre.

Wikipedia zu Trani